zu Kapitel 1
Piratenprinzessin: Kapitel 2
Atlantik, 50 Seelmeilen östlich der Bermudas
„Segel an Steuerbord!“, rief Tim aus dem Krähennest der Preybird.
„Siehst du etwas?“, rief der dunkelhäutige Steuermann und versuchte den Blick des Schiffsjungen zu folgen. Doch seine Augen konnten nichts erspähen.
„Ein Segel in der Nebelbank dort drüben. Aber ich bin mir nicht sicher. Jetzt scheint es verschwunden.“
„Soll ich den Kapitän rufen, weil du Kröte ein Gespenst gesehen hast?“ Der bullige, schwarze Mann streifte sich mit der Hand über seinen glatt rasierten Schädel, der von zahlreichen Schlangentätowierungen geschmückt war, die an seinem Nacken zusammen liefen, und sich dann über seinen ganzen, von Narben entstellten, aber muskulösen Rücken erstreckten.
„Das wird nicht nötig sein, Mister Long!“ Die rauchige Stimme gehörte einem etwas kleineren Mann mit langem, struppigen Haar. Kleine Zöpfe zierten seinen Vollbart.
„Der Kleine glaubt, etwas in der Nebelbank an Steuerbord gesehen zu haben. Aber jetzt ist er sich nicht mehr so sicher.“
Der Kapitän nahm sein Fernrohr heraus und schwang sich behände in die Takelage. Durch sein rechtes Auge machte er sich auf die Suche nach dem Segel, das der Schiffsjunge zu sehen glaubte. Tim hatte gute Augen, und anders als die der meisten anderen Besatzungsmitglieder waren sie nicht durch Rum und Alter getrübt.
„Gibt’s etwas zu sehen?“, fragte Black, der Chefkanonier der Preybird. „Soll ich die Ratten an Deck scheuchen?“
„Noch nicht“, gab der Mann mit dem Fernrohr zurück.
„Da draußen sind nur Gespenster. Wir sollten zurück nach Süden und uns an den Spaniern laben“, murrte Sliver. Der Maat war ein finsterer Geselle. Sein langes, schwarzes Haar war gelockt, und ließ ihn noch grimmiger erscheinen. Er war noch nicht so lange an Bord, aber einige der Neuen waren auf seiner Seite.
„Da draußen ist etwas. Könnte ein Handelsschiff aus Europa sein. Der Kurs würde stimmen.“ Seine Stimme klang nachdenklich. Alle an Deck blickten zu ihm und lauschten auf seine nächsten Worte.
„Hart Steuerbord. Kurs West! Setzt alle Segel!“, rief er schließlich mit lauter Stimme.
„Hast du ein Segel gesehen, Kapitän?“, fragte der Steuermann leise.
„Nein, aber der Junge.“
„Du willst uns ein Phantom jagen lasen, nur weil der Junge vielleicht etwas gesehen hat?“, warf Long ein. Der Steuermann war einst ein Sklave, der als Boy eines britischen Kapitän viel von Seefahrt und Navigation gelernt hatte. In den Jahrzehnten auf See hatte der kräftige Schwarzafrikaner den Respekt der Mannschaft errungen, und war die Rechte Hand von Kapitän Rogue.
„Nein, ich will ein Schiff jagen, das irgendwo da draußen mit fetter Beute auf uns wartet.“
„Ay, Kapitän!“, nickte der Steuermann. Er akzeptierte Rogues Entscheidung, auch wenn er sie nicht verstand. Hätte der Kapitän etwas gesehen, hätte er nicht einmal nachgefragt. Doch der Kapitän neigte dazu, seinem Gefühl zu vertrauen. Rogues Gefühle hatten der Mannschaft der Preybird schon viele fette Schiffsladungen beschert. In den vergangenen Monaten hatte ihn jedoch sein Glück verlassen, und wie es auf einem Piratenschiff üblich war, schwächte diese Tatsache Rogues Position.
Einige Männer hatte gegenüber Long schon ihren Unmut bekundet, doch der erfahrene Seemann hielt seinen Kapitän die Treue, zumindest vorerst. Sliver war einer von ihnen.
„Auf ihr Landratten, ab in die Wanten. Setzt das Vorsegel. Wir sind auf der Jagd!“, feuerte der Steuermann die Männer an, von denen die meisten seit Wochen zu viel Rum und zu wenig zu tun hatten.
„Wasn lose?“, stammelte Bowser, während überall reges Treiben ausbrach. Der dickbäuchige Bootsmann hielt immer noch eine Flasche mit etwas Rum fest in seiner Hand.
„Los an die Arbeit. Wir jagen ein Schiff!“, rief einer der Piraten, bevor er sich in die Wanten schmiss.
„Ein Schiff? Bei dem Sauwetter? Kapitän, sollten wir nicht einen geschützten Hafen anlaufen, und den Sturm abwarten?“
„Sturm? Was für einen Sturm?“, rief Rogue erstaunt zu seinem Bootsmann. Bowser war ein alter Säufer, aber ansonsten verstand er sein Handwerk.
„Ja. Ein Sturm zieht auf.“ Der zottige Mann schüttelte seine Rumflasche. Doch nichts war zu hören. „Ein mächtiger Sturm.“
„Wie kommst du darauf?“, fragte Long.
„Jedes Mal, wenn meine Rumflasche auf See leer ist, gibt’s ein Unwetter. Das ist so ein verdammtes Naturdingsbums.“ Die Männer die in Hörweite waren lachten und auch der Kapitän und der Steuermann schlossen sich an.
„Passt ihr nur auf!“, rief der Verspottete. „Bald wird ein Unwetter über uns hereinbrechen wie am Jüngsten Tag. Und sagt dann nicht, der Alte Bowser hätte euch nicht gewarnt. Und jetzt los ihr verdammten Hurenkinder, an die Arbeit.“
Frohen Mutes gingen die Männer an die Arbeit. Die dunkle Prophezeiung des Bootsmanns kümmerte sie nicht. Er machte ständig welche. Alles, was ihm nicht passte, war ein schlechtes Ohmen. Trotzdem blickte Kapitän Richard Rogue zum Himmel. Er war blau. Abgesehen von etwas Nebel am Horizont und einer leichten Brise, gab es keine Abnormalitäten.
Ob es das Schiff, das sie jagten, wirklich gab, wusste Rogue nicht. Aber auf dem Kurs würden sie früher oder später bestimmt eines treffen.
Die Finger einer Frau strichen zart über ihre Wange und das Mädchen schmiegte sich verträumt an sie. Der Schlaf hüllte sie in seine Schleier und ließ nicht los. Katharina lege ihre Hand auf die der Fremden, die ihr in diesem Moment so nah war. Schlaftrunken drückt sie diese fest an sich, wie ein kleines Kind, welches nach der Berührung ihre Mutter in sich aufnimmt.
„Guten Morgen, Miss.“, streichelte die sanfte und noch so ferne Stimme ihren Geist. Es dauerte einen Moment, dann öffnete Katharina die Augen.
„Jane? Ihr seid wach? Wie geht es Euch?“, kam es ihr über die Lippen. Sofort ließ sie die Hand der Frau los und erhob sich unter Schmerzen, von ihrem Lager. In einer Geste der Großherzigkeit hatte sie der verwundeten Jane ihr Bett überlassen, und war die letzten Tage auf einem Strohkissen am Boden geschlafen. Ihre Glieder schmerzten und sie streckte sich erst einmal.
Der Mief der kleinen Kabine stieg ihr in die Nase. Zu gerne hätte sie ein Fenster geöffnet. Doch dieser Verschlag, den sie in den letzten Tagen zusammen mit Jane Sinner bewohnte, hatte solchen Luxus nicht.
„Wie spät ist es?“
Die englische Sklavin zuckte kurz mit ihrer Mine. Zu mehr war sie nicht in der Lage. Ihr Rücken war noch immer von Wundschorf übersät. Die Peitsche des Bootsmanns hatte ganze Arbeit geleistet, als er Jane auf Geheiß ihres Verlobten auspeitschte. Genau genommen hatte Anne Dartmoor dies befohlen. Die Geliebte ihres Verlobten schien die wahre Herrin über die Goldgreed zu sein.
In den vergangen Wochen hatte sich der Konflikt zwischen Anne und Katharina weiter zu gespitzt. Der Kampf um Janes Leben hatte aus den beiden Frauen erbitterte feinde gemacht. Auf der einen Seite war Katharina, die Adlige aus Deutschland, auf der anderen Seite war Anne Dartmoor, die Hure aus London. Zumindest dachte Katharina so über sie.
„Ich sollte Euch doch wecken, wenn Sir Thomas aufsteht.“
„Ach ja“, kam es ihr wieder in den Sinn.
„Er ist glaube ich gerade aufgestanden – zusammen mit ihr.“
Katharina brauchte einen Moment um sich zu sammeln. Die guten Vorsätze, der Mut, all die Pläne, die sie mit Jane gestern Nacht geschmiedet hatte, hatte über Nacht seine Sprengkraft verloren. Nun war sie aufs Neue unsicher. Sie wusste nicht, ob sie wirklich den Mut hat, dass zu tun, was sie gestern noch, von Jane bestärkt, von sich gab.
„Wenn Ihr nicht wollt, Miss, dann müsst ihr nicht. Ihr könnt Euch eurem Schicksal fügen wie ein Blatt im Wind. Niemand wird Euch dafür verachten.“ Jane schien ihre Gedanken zu lesen.
„Niemand, außer ich.“ Das Mädchen ballte ihre Hand zur Faust. Ihr langes Blondes Haar war noch ungekämmt. So setzte sie sich zu Jane auf die Bettkante und begann sich selbst ein wenig herzurichten. Sie kämmte sich selbst nur oberflächlich. Ungeschickt und riss sie mit dem Kamm mehr durch das Haar, als dass sie es glättete.
Jane, die das sah, richtete sich unter Schmerz auf und kam ihr zu Hilfe. Jane war nackt. Die großflächigen Wunden auf ihrem Körper waren von junger Haut und Wundschorf übersät. Nach dem Katharina gestern den Verband abgenommen hatte, waren die beiden Frauen zu der Erkenntnis gekommen, dass Luft nun besser wäre, als die schmutzigen Leinenverbände aufs Neue an zu legen.
Die Rothaarige setzte sich hinter Katharina aufs Bett. Ihre sanften, geschickten Hände trafen auf Katharinas und sie flüsterte: „Haltet still. Ich mach das.“Sie entwendete ihr den Kamm und begann durch das lange Haar der jungen Deutschen zu streifen. Jede Bewegung bereitete ihr Schmerzen, trotzdem tat sie es mit langen, gleichmäßigen Bewegungen.
„Ist das nicht schlecht für Euren Rücken?“
„Schmerzen kann man überwinden. Und mein Körper muss sich wieder daran gewöhnen, bewegt zu werden.“
„Ich wünschte, ich hätte Euren Mut.“
„Ihr werdet ihn haben, wenn es darauf ankommt.“, meinte Jane sanft. Ihr eigenes rotes Haar pappte von Schweiß, Salz und Staub zusammen. Die verurteilte Engländerin hatte wohl seit Monaten keine Gelegenheit zur Wäsche gehabt. Ihr Körper roch inzwischen nicht besonders. Doch unterschied sich dieser Geruch nicht sonderlich von dem Rest des Schiffes. Katharinas Nase hatte hier auf der Goldgreed längst ihren Dienst eingestellt. Lediglich besonders schlimme Gerüche, wie der verfaulte Atem von Murdoc, oder die Alkoholfahne ihres Verlobten, berührten sie noch.
Zu Katharinas Verwunderung kämmte Jane nicht nur ihr Haar. Ihre freie Hand glitt auch öfters über ihren Rücken und löste so wohltuende Schauer in ihrem verspannten Leib aus. Die junge Frau kannte diese Art der Berührung nicht. Es war ein angenehm wärmendes Gefühl. Immer noch ein wenig schlaftrunken, schloss sie dabei die Augen.
Ihr verkrampftes Fleisch schien sich zu lösen, und so hauchte sie leise Laute aus ihren leicht zusammen gepressten Lippen. Diese Nähe zu einem anderen Menschen tat der jungen Frau gut. Es war ein ungewohntes Gefühl. Es wirkte zu gleich angenehm und auch verstörend. Sie wusste nicht ob es in Ordnung war solche Gefühle von jemandem wie Jane zu empfangen. Diese inner Spannung, die sich mit jeder Berührung, ob durch den Kamm, oder die Finger in ihr ausgelöst wurden, fand ein frühes Ende, denn es klopfte an der Tür.
„Ja?“, fragte Katharina erschrocken und sprang auf. Hastig richtete sie ihr Nachthemd, welches leicht verrutscht war, und jedem der sie von vorne betrachtete, ungewünschte Einblicke ermöglichte.
„Miss Katharina. Der Kapitän ladet Sie herzlich ein, den Brunch mit ihm, und Ihrem Verlobten zu teilen.“ Sie erkannte die Stimme nicht, die durch die verschlossene Tür zu ihr drang.
„In Ordnung. Ich komme bald.“
Jane seufzte und sprach: „Sie wird auch da sein.“
„Ich weiß!“ Das Mädchen ballte wieder seine Hand zur Faust. Die kurzen Momente der Sinnlichkeit waren vollständig aus ihrem Bewusstsein verdrängt. „Ich werde stark sein.“
Sie hatte die Demütigung nicht vergessen, die man ihr letztes Mal bei diesem gemeinsamen Essen zuteilwerden ließ. Anne hatte sich neben Sir Thomas gesetzt und diesen die ganze Zeit mit den reizen einer Hafenhure umgarnt. Vor den Augen des Kapitäns, sowie des Schiffsarztes, hatte sie diese Schmach hinnehmen müssen.
Etwas später betrat Katharina die Kabine des Kapitäns. Anne saß schon wieder neben Sir Thomas und fütterte ihn gerade mit etwas Obst. Er saß zur Rechten des Kapitäns – ein besonderer Ehrenplatz.
„Miss Katharina. Bitte setzen Sie sich doch.“ Der Kapitän und seine Offiziere hatten mit dem Essen auf sie gewartet. Lediglich ihr Verlobter und seine Mätresse hatten mit dem Mahl begonnen und nahmen offensichtlich keinerlei Notiz von ihr.
Der Kapitän deutete auf einen freien Platz zwischen dem 1. Offizier und dem Schiffsarzt. Doch das Mädchen schritt an ihm vorbei und richtete ihre Stimme mit sanftem Tonfall an Kapitän Shiffort: „Entschuldigen Sie Kapitän, aber ich würde gerne neben meinem zukünftigen Ehemann sitzen. Könnten wir die Plätze tauschen?“
Nicht nur Kapitän Shiffort blickte sie verwundert an. Auch Thomas und Anne starrten sie nun fassungslos an. Der Schiffsarzt schmunzelte.
„Sicher!“, stotterte Shiffort, der von ihrem forschen und zugleich höfflichen Aufträten überwältigt war. Er erhob sich und drängte sich an ihr vorbei, um nun zwischen seine Offizieren platz zu nehmen.
„Vielen Dank!“ Sie verbeugte sich artig vor dem Kapitän und ließ sich dann auf seinem Stuhl nieder. Nun saß sie in ihrem schönsten Kleid in dem Stuhl des Kapitäns und blickte zu Thomas, der noch immer keinen Ton hervor brachte. Der gerade getrunkene Wein tropfe ihm von den Lippen auf sein Hemd, welches nun wie mit Blut getränkt wirkte.
„Nun da wir alle da sind. Wollen wir uns dem Essen widmen“, erklärte der Kapitän, um das Eis zu brechen. „Dir sei, o Gott, für Speis und Trank, für alles Gute Lob und Dank. Du gabst, du willst auch künftig geben. Dich preise unser ganzes Leben. Amen.“
„Amen!“, antwortete Katharina automatisch, und die Offiziere taten es ihr gleich. Lediglich Anne und Thomas stopften sich während des Gebets ihre Münder voll. Ihnen war es nicht danach zu Danken. Ihre Blicke trafen die aufmüpfige Deutsche voller Hass.
Diesen Schachzug hatte sie mit Jane letzte Nacht überlegt. Aber noch war sie nicht fertig. Sie ergriff den goldenen Kelch des Kapitäns und führte ihn an ihre Lippen. Der rote Wein glich dem Blut, welches in ihren Adern kochte.
„Danke für die Einladung, Kapitän.“
„Bitte sehr, Miss Katharina.“
„Ich hoffe Sie können diese Fenster hier öffnen.“
„Wieso?“, fragte er erstaunt, und auch die Aufmerksamkeit der anderen ruhte auf ihren Lippen.
„Nun.“ Sie blickte zu Anne. „Es ist schwer den Geruch der Londoner Gosse los zu werden, wenn er sich hier einmal festgesetzt hatte. Da nützt auch teures Parfüm nichts, oder?“
Thomas blickte dumm drein und dachte sichtlich über ihre Worte nach. Lediglich der Schiffsarzt schmunzelte sofort. Er hatte es als einiger von den Männern verstanden. Auch Anne hatte es verstanden, und starrte Katharina mit giftigem Blick an. Jane hatte prophezeit, dass sie so reagiert. Jane Sinner war offenbar sehr geschickt darin, die Schwächen anderer Menschen zu erkennen. Das Mädchen aalte sich in ihrem kleinen Sieg.
„Auf die frische Seeluft!“, erhob der 1. Offizier seinen Kelch. Er wollte nicht als unwissend gelten, um brachte so ein neues Thema auf.
„Auf König Charles II!“, sprach der Schiffsarzt nun auch einen Toast aus. Ein leises Grummeln, wie ein entferntes Gewitter war zu hören.
„Auf Miss Katharina von Greifen!“, stimmte der Kapitän mit ein.
„Auf Sir Tho …“, weiter kam Anne Dartmoor nicht. Ein gewaltiger Donnerschlag erschütterte das Schiff.
Die erste Salve hatte das Handelsschiff voll getroffen. Im Nebel nahe der Bermudas hatte sie sich Preybird ihrem Ziel lautlos genähert. Das Segelzeug des Schiffes war von den Kanonen in Fetzen gerissen worden. Holz, Tauwerk und Segeltuch fielen auf das Deck des Handelschiffs.
Die Besatzung der Goldgreed schrei und wirbelte panisch durcheinander. Der Rudermann verließ seinen Posten, als einige Holzsplitter seinen Arm getroffen hatten. So drehte das ohnehin schon langsame Handelschiff aus dem Wind und lag wie eine bleierne Ente mitten im Atlantik.
Mit lautem Grölen und Säbelgerassel näherte sich das Piratenschiff von Backboard. Das klein und wendige Schiff schien fast vor Mordsbuben überzuquellen, während die Matrosen des Handelsschiffes weder geeignete Waffen noch Mut besaß.
Hastig eilte der Kapitän zur Waffenkammer, um seine Männer auszurüsten. Ganze zwanzig Musketen lagerten hier, doch Kapitän Shiffort wusste, dass nicht einmal zehn seiner Männer mit dem Umgang geübt waren. Trotzdem teilte er zusammen mit dem Bootsmann Waffen und Pulver aus.
Katharina sah die verängstigten Gesichter der Männer. Sie erkannte, dass kaum einer an einen Sieg gegen die unbekannten Angreifer glaubte. So wie Thomas und Anne, verschwand auch sie in ihrer Kabine.
„Was ist los?“, fragte Jane.
„Wir werden angegriffen!“, keuchte das Mädchen, als sie die Tür hinter sich schloss.
„Piraten?“
„Keine Ahnung. Aber ich glaube ja.“ Katharina wühlte in ihrer Truhe und fand schließlich eines ihrer Kleider. „Hier. Zieh das an. Wenn die dich so sehen, werden die dir vielleicht etwas antun.“
Jane blickte skeptisch und sprach: „Glaubt Ihr, sie werden durch das Kleid davon abgehalten?“
„Nein, aber davon!“ Mit diesen Worten holte das Mädchen die geladenen Pistolen aus dem Kasten ihres Onkels. „Kannst du damit umgehen?“
„Ja.“, meinte Jane.
Katharina fragte nicht nach, woher die Rothaarige mit einer Pistole umgehen konnte. Sie rechte ihr eine der Waffen, nach dem Jane sich unter schmerzen das Kleid über den Kopfgezogen hatte.
„Wenn einer hier rein kommt, erschießen wir ihn, in Ordnung?“
„Klingt fast nach einem Plan.“
„Ja.“
„Ein schlechter Plan“, warf Jane ein.
„Ich arbeite noch daran“, gestand sie.
Mit lautem Knall schlugen die beiden Schiffe gegeneinander. Shiffort hatte inzwischen so etwas wie eine Abwehr organisiert. Musketen auf beiden Seiten knatterten und hüllten die Schiffe in Pulverdampf. Getroffene schrien auf, doch während man auf der Goldgreed nachladen musste, feuerten die Piraten einfach weiter. Auf ihren Beutezügen hatte sie unzählige Musketen und Pistolen in ihren Besitz gebracht, so dass jeder der Seeräuber nun über mehrere Schusswaffen verfügen konnte.
Tim nahm einen kleinen Tonkrug von der Größe einer Orange. Eine Zündschnur ragte aus dem verschlossenen Gefäß heraus. Er hielt sie an eine bereitstehende Fackel und schleuderte dann den Krug auf das Handelsschiff. Noch bevor es an Deck aufschlug, explodierten diese Granate, und die Splitter verletzten zahlreiche Matrosen schwer.
„Guter Wurf, Tim!“, rief Rogue und machte sich daran mit dem Enterkommando über zu setzen. Genau genommen machten sich fast alle Piraten daran, überzusetzen. Mut und Tapferkeit in der Schlacht wurden nach dem Kodex ausgezeichnet. Wer nicht aktiv kämpfte, bekam weniger von der Beute.
So fielen die Piraten wie ein Rudel hungriger Wölfe über die armen Seeleute der Goldgreed her. Keiner, der eine Waffe in der Hand hielt, wurde geschont. So fiel auch Kapitän Shiffort einer Pistolenkugel aus Slivers Waffe zum Opfer. Der Pirat hatte sich auf mit einem Seil auf die Brücke geschwungen und stand hinter dem Mann, als er seinen Schuss aus löste. So gab es niemanden mehr, der das Töten durch Kapitulation aufhalten konnte, und nach wenigen Minuten war alles vorbei.
Nur Murdoc und einige wenige andere Männer, die unter Deck waren oder ihre Waffen rechtzeitig wegwarfen, hatten das Massaker überlebt. Man trieb sie zusammen und fesselte sie, während sich die Piraten auf Schatzsuche begaben.
Sliver nahm den Säbel des Kapitäns an sich, als Long ihn zur Rede stellte: „Du hättest ihn einfach nur überwältigen können. Kapitäne sind in der Regel lebend mehr wert als tot.“
„Er hatte eine den Säbel in der Hand“, rechtfertigte sich dieser.
Long wusste, dass Sliver den Mann von hinten erschossen hatte, aber ging nicht weiter darauf ein. Sein afrikanisches Erbe machte ihn zu einem stolzen Krieger. Er verabscheute es, jemanden von hinten zu erschießen. Überhaupt verabscheute er Schusswaffen. Sie stanken und waren in ihrem Einsatz unehrlich. In einem Kampf sollte es auf Kraft und Geschick ankommen, und nicht auf eine kleine Bleikugel, die aus der Entfernung unsichtbar tötete.
„Das ist ein verdammtes Sklavenschiff!“, brüllte Black. Er war einer der Männer, die das gekaperte Schiff nach Beute durchsuchten, und war dabei als erstes auf die angekettete menschliche Fracht gestoßen.
„Verfluchte Scheiße!“
„Lohnende Beute, dass ich nicht lache.“ Sliver spuckte auf den Boden, und auch die restlichen Piraten rotteten sich auf dem Deck der Goldgreed zusammen. Kapitän Rogue, der inmitten dieser mordlüsternen Gesellen stand, legte die Hände auf den Knauf seines Säbels und seine Pistole.
„Das sind nicht mal Schwarze. Keiner wird die wollen.“
„Lasst uns alles von Wert nehmen und den Kahn versenken. Dann sind wir den Ärger los.“
Sklaven bedeuteten in der Tat nichts als Ärger. Sie zu verkaufen war für Händler mit ihren Kontakten ein lohnendes Geschäft. Für Piraten waren sie jedoch nur Ballast. So stimmten viele Slivers Vorschlag zu, und selbst Long konnte sich dem nicht gänzlich wiedersetzten. Da es sich um Weiße handelte, erhob er auch keinen Einspruch. Es waren Gefangene, und damit keine Menschen von Ehre, die die Engländer mit diesem Schiff in ihre Kolonien brachten.
„Wenn ihr das Schiff versenkt, seid ihr Narren. Ein Schatz, wertvoller als Gold und Juwelen befindet sich hier an Bord“, tönte auf einmal die kratzige Stimme von Murdoc über das Deck. Alle Blicke richteten sich auf den gefesselten Bootsmann der Goldgreed.
„Was sagst du da?“, fragte Kapitän Rogue und schritt auf den Mann zu. Long, Sliver und Black folgten ihm.
„Ay, die Fracht ist ein vermögen Wert. Mehr als die Hälfte der Sklaven hier sind junge Frauen. Die wohlhabenden Männer in den Kolonien werden jeden Preis für die zahlen. Die gaben doch alle genug von den Indioweibern. Was glaubt ihr werden die euch für ordentliches englisches Fickfleisch bezahlen, das man sogar heiraten kann?“, lockte der Gefangene die Piraten. „Außerdem gibt es hier noch einen weiteren Schatz. Sir Thomas Lakewington und seine Verlobte sind an Bord. Sein Vater ist der Lakewington, über dessen Flotte die halbe Tabakernte abgewickelt wird.“
„Ay. Ich habe schon von ihm gehört“, bestätigte Black.
„Das hier ist sein einziger Sohn. Er wird jeden Preis für ihn zahlen. Und seine Verlobte, sie ist eine deutsche Adlige.“
Rogue überlegte, während die Männer in Gedanken schon das Lösegeld ausgaben. Dann sprach er: „Gut, bringt sie an Deck. Ich will mir die Sache durch den Kopf gehen lassen.“
„Bitte. Ich helfe euch, aber verschont mich. Ich will mich euch auch anschließen“, flehte Murdoc die Piraten an. Er wusste, dass seine Alternative sonst Sklaverei, oder der Tod waren. Der Kapitän der Preybirt zog seinen Säbel und richtete ihn an Murdocs Kehle, während einige Männer schon losgezogen waren, um nach den wertvollen Passagieren zu suchen.
„Bitte, nein tut das nicht!“, flehte der Bootsmann erneut um Gnade. Rogue streifte sich mit der linken Hand über seinen Bart und lächelte zufrieden.
„Gut. Ich verschone dein Leben, du Wurm, aber wenn wir keinen guten Gewinn bei der Sache machen, werde ich aus deinen Innereien Seile machen und diese verkaufen.“
Der Kapitän wendete sich von ihm ab und Sliver löste seine Fesseln.
Als die Piraten die Tür zu Katharinas Kabine aufbrachen, stand diese gefasst vor ihrem Bett. Ihre Truhe stand offen und offenbarte den Männern einen guten Blick auf ihre Wäsche. Sie leistete den Männern keinen Widerstand und ließ sie mitnehmen.
Ganz anders sah es aus, als die Piraten die Kabine von Sir Thomas stürmten. Der Mann schrie und tobte, sodass ihn die Piraten mit einem kräftigen Schlag ins Gesicht beruhigen mussten. Auch Anne wehrte sich gegen ihr unvermeidliches Schicksal, während sie von zwei Piraten gepackt wurde, die dabei ihre Hände auf Busen und Schenkel legten, und sie schließlich mit sich trugen.
Andere Männer machten sich daran, die Kabine des feinen Herrn zu plündern. Gold, feine Gewänder und der Schmuck, denn er Anne geschenkt hatte, waren ihre Beute. Das einfache Zimmer von Katharina wurde kaum beachtet. Man durchwühlte die Truhe, fand aber nichts von Interesse. Auch wenn die Männer der Unterwäsche besondere Aufmerksamkeit zukommen ließen.
Die drei Gefangenen wurden vor den Piratenkapitän geführt. Sir Thomas blickte ihn mit der ganzen hilflosen Verachtung an, der er mit seiner blutigen Nase und von zwei kräftigen Männern schmerzhaft gehalten, aufbringen konnte.
Richard beachtete ihn nicht, sondern schenkte sein Augenmerk den jungen Damen. Die eine hatte einen üppigen Busen, der durch die raue Behandlung seiner Männer, bereits ein wenig aus ihrem angerissenen Kleid hervor stach. In seinen Augen hatte sie den Reiz einer Hafennutte und so wand sich der Blick schnell von ihr ab. Er hatte schon genug Frauen wie sie gehabt, um nicht den Reiz einer Brustwarze zu erlegen, die sich aus ihrem teuren Gewand gemogelt hatte.
Sein Blick fiel auf die jüngere, deren langes, blondes Haar über die Schultern fiel. Ihr schwarz-weißes Kleid war schlicht und bot trotzdem eine keusche Eleganz. Sie trug eine weiße Haube, die ihr blondes Haar einfing und den Männern wenige Reize offenbarte.
„Mylady“, sagte er zu ihr und deutete eine leichte Verbeugung an. Dann streckte er seine Hand aus und griff nach ihr. Seine rauen, nach Pulver und Schweiß riechenden, Finger berührten ihre Wange. Sie wendete sich angewidert ab.
„Das ist Lady Katharina von Greifen. Eine deutsche Adlige, die mit dem jungen Lakewington verlobt wurde“, erklärte Murdoc seinen neuen Herren.
„Lady Cathe also. Das war mir schon klar, dass es nicht die Begleithure ist. So langweilig kann sich nur eine wahre Adlige kleiden.“
Der Kapitän lachte und streichelte nun über den Hals. „Ich fühle richtig das blaue Blut in deinen Adern. Du bist bestimmt noch Jungfrau, Cathe, oder?“, fragte er sie und glitt mit seiner Hand hinunter zu ihren Brüsten. Bevor er diese erreichte, hob Katharina reflexartig die Hand und verpasste den verblüfften Piraten vor versammelter Mannschaft eine Ohrfeige. Richard wich überrascht zurück.
„Wagt es nicht mich zu berühren, Bastart.“
Ein lauter Aufschrei ging durch die Reihe der Piraten und einige erhoben ebenfalls reflexartig ihre Waffen, auch wenn von dem Mädchen kaum eine Gefahr ausging. Der Pirat, der hinter Katharina stand packte sie mit beiden Händen fest an den Oberarmen.
„Die kleine Wildkatze will wohl spielen“, lachte er und führt nun mit seiner Hand über die leicht gerötete Wange. „Gut, das kann sie haben! Packt sie und bindet sie an den Mast. Sie wird unsere neue Gallionsfigur.“
Die Männer lachten und grölen laut, als das Mädchen von den kräftigen Händen ihres Bewachers über das Deck geschleift wurde. Noch nie zuvor hatte es ein Mann gewagt, sie so zu berühren. Jane hatte sie zwar gewarnt, keinen Widerstand zu leisten, doch dies war zu viel für das Mädchen von blauem Geblüt. Sie schrie und fluchte und erntete damit das lüsterne Lachen der Piraten.
Richard streifte sich durch seinen Bart. Ihm gefiel das wilde Aufbäumen dieser Wildkatze. Ihre Haube war ihr vom Kopf gerutscht und so viel ihr langes blondes Haar ungezügelt heraus.
„Und was ist mit den anderen.“
„Den Mann bringt auf der Preybirt unter Deck.“ Zwei der Piraten nahmen Thomas darauf hin mit sich. Er leistete keinerlei Widerstand. Das Blut aus seiner Nase benetzte sein Hemd und ließ ihn wie einen geprügelten Hund wirken. Schlaff stolperte er über die Planke, die nun die beiden Schiffe verbannt.
„Und die Frau?“
Rogue betrachtete die Frau, sich nur leicht gegen ihre beiden Bewacher wehrte. Die lockende Brustwarze hatte sich weitere aus ihrem Korsett herausgewagt und war nun für alle deutlich sichtbar.
„Mit der sollt ihr euren Spaß haben. Sie sieht so aus, als hätte sie schon genug Erfahrung darin.“ Der Kapitän schmunzelte und sie riss ihren Mund weit auf.
„Was? Das könnt ihr nicht tun. Ich gehöre zu Sir Thomas Lakewington. Er und ich sind ein Paar. Er wird für mich bezahlen!“
Er ignorierte ihr Flehen und rief: „Long. Kümmer du dich darum, das jeder der seine Arbeit gut erledigt, etwas Zeit mit unserem Puppe hier erhält. Aber niemand rührt mit Cathe. Die Wildkatze ist darf nicht zu Schaden kommen.“
„Ay, Kapitän. Los ihr Haufen von Landratten, an die Arbeit. Ihr habt den Kapitän gehört. Ladet die Beute um und macht das Schiff wieder seetüchtig. Los, los, los!“
Frisch motiviert machten sich die Männer an die Arbeit. Kisten und Säcke wurden geschleppt. Die Zimmerleute machten sich daran, die Takelage der Goldgreed zu reparieren. Jeder schien von der Beute und der kleinen Zusatzbelohnung begeistert zu sein. Jeder außer Anne.
Man hatte die Mätresse an Bord der Preybirt gebracht und ihr die Kleider vom Leib gerissen. In einem Käfig, auf dem Achterdeck musste sie nun auf ihr Schicksal warten.
Katharina ging es nicht viel besser. Man hatte sie an den Vormast der Goldgreed gebunden. Ihre Handgelenke waren mit Lederriemen über ihrem Kopf zusammengebunden und an dem Mast befestigt worden. So konnte dazu gezwungen aufrecht zu stehen.
Erbarmungslos heizte die Mittagssonne hier auf ihr Gesicht. Kein Windhauch schien ihr Gesicht zu berühren. Die Flaute und die tropische Hitze ließen ihren Körper in dem schwarzen Sonntagskleid schwitzen. Bald schon war es durchnässt von ihren eigenen Körpersäften, klebte an ihrem zarten Leib.
Sliver kam zu ihr und befühlte ihre durchnässtes Kleid. Sein nach verfaulten Zähnen riechender Atem berührte ihre Nase. Katharina konnte nichts anderes tun, als angewidert ihr Gesicht abzuwenden. Sie betete leise, wusste aber zugleich, dass niemand da war, der diese Gebete erhören würde. In Stunden wie diesen Offenbarte sich die Ohnmacht ihres Glaubens. Seine Hand tastete über ihre flachen Bauch und wanderte hoch zu ihren Busen. Dabei drückte er den feuchten Stoff noch mehr an ihre Haut.
„Lass das Sliver. Die ist nicht für dich. Geh auf die Preybirt, dort erwartet dich deine Belohnung früh genug. Und jetzt an die Arbeit!“, mahnte Long. Der groß gewachsene Schwarze trat zwischen sie und spendete ihr sogar etwas Schatten. Der gescholtene Pirat entfernte sich und meinte noch leise zu ihr: „Du kommst auch noch dran, Schätzen.“
„Hier, trink!“, sprach der Schwarze zu ihr. In seiner Hand hielt er eine Kelle mit Wasser, die er ihr an den Mund hielt. Hastig, ohne zu überlegen trank sie das Wasser wie ein verdurstendes Tier. Als die Kelle leer war, tauchte er sie abermals in den Eimer, den er in der anderen Hand trug, und schenkte ihr nach. Wieder leerte sie die Kelle, wobei ein Teil des Wassers über ihre Lippen und ihr Kinn tropfte.
„Danke“, murmelte sie. Hoffnung funkelte in ihren Augen auf.
„Wenn du verdurstest, nützt du uns nichts, Mädchen.“ Mit diesen Worten erlosch das schwache Licht der Hoffnung auch schon wieder, einen gütigen Menschen unter den Piraten gefunden zu haben. Long ging weg und kam wenig später zu rück. Diesmal hielt er einen Dreispitzhut aus dunklem Leder in der Hand und setzte ihn ihr auf den Kopf.
„Damit die Sonne dein hübsches Gesicht nicht verbrennt“, meinte er knappt, und streichelte kurz über ihre Wange. Seine rauen, kräftigen Finger taten ihr in diesem Moment gut. Es war eine tröstende menschliche Nähe in einer verzweifelten Situation. Ihre blauen Augen trafen sich mit dem dunkelhäutigen Piraten. Sie offenbarten ihm in ihrem von Schweißperlen Gezeichneten und von ihrem Durchschwitzen blonden Haar umrandeten Gesicht, die Hilflosigkeit eines Mädchens, welches es zu beschützen galt.
„Keine Sorge. Dir wird schon nichts geschehen. Kapitän Rogue ist kein so übler Mensch. Er wird dir bestimmt nichts antun, Mädchen.“
„Und die anderen?“
„Ich werde schon auf dich aufpassen, Mädchen.“
Dann wendete er sich ab und ließ sie an den Mast gefesselt zurück. In dem Augenblick begann Anne auf dem anderen Schiff laut zu schreien. Die Piraten hatten damit begonnen, über die Londoner Mätresse herzufallen. Katharina schloss die Augen.
Lange hatte Jane unter einem Stapel von Wäsche ausgeharrt. Die verkrusteten Wunden schmerzten bei jeder Bewegung, doch wusste die junge Engländerin, dass sie sich bald ein neues Versteck suchen musste. Jane streifte ihr rotes Haar aus dem verschwitzten Gesicht. Auch sie hatte unter der tropischen Hitze zu leiden.
Sie griff nach einem Stück Stoff und band es sich um die Hüften. Pulver, Blei, eine Pistole und den Beutel mit Katharinas Gold verstaute sie darin. Ihr war ganz mulmig bei dem Gedanken an das Mädchen. Statt einen heroischen, aber sinnlosen Kampf gegen die Piraten zu führen, hatte sie schließlich beschlossen, dass Jane sich hier verstecken sollte.
Jane meinte, sie sollte sich mit ihr verstecken, doch Katharina hatte abgelehnt. Das Mädchen meinte, dass sonst jemand das Zimmer genauer durchsuchen würde, wenn sich niemand darin befand. Sie hatte es auch abgelehnt, sich statt Jane zu verstecken. Ihre Worte waren: „Du bist verwundet. Wenn die Piraten dich in ihre Finger bekommen, reißen die Wunden bestimmt auf.“
So hatte sie ihr, der einfachen Verurteilten ihr Geld und ihre Waffen gegeben und gesagt: „Versteck dich! Flieh, wenn du kannst. Pass auf dich auf. Gott beschütze dich.“
Noch nie in ihrem Leben hatte Jane Sinne eine derartige Opferbereitschaft erfahren. Sie wusste nicht, warum die Blaublütige so gehandelt hatte, doch sie würde es ihr nicht vergessen.
In diesem Moment erreichte der laute Schrei einer Frau die Kabine. Markerschütterndes Kreischen fuhr ihr ins Gebein. Sofort dachte die Rothaarige an Katharina und eilte in den Gang. Sie wusste, dass Sir Thomas Quartier ein Fenster hatte, und ging in diese. Die Pistole schützend vor sich gerichtet. Keiner der Piraten war hier. Sie hatte wohl schon alles von Wert geplündert, was nicht festgenagelt war. Durch das Fenster spähte sie auf das andere Schiff.
Ein Mann stand da auf dem Achterdeck er hatte seine Hose herunter gelassen. Vor ihm lag eine Frau auf irgendetwas, das Jane nicht erkennen konnte. Er trieb offensichtlich sein Geschlecht in das ihre. Jede Stoßbewegung ließ sie aufschreien. Das Geländer des Piratenschiffs verbarg das Gesicht seines Opfers vor ihren Augen. Doch konnte sie anhand des Kleides und der freiliegenden Schenkel, die er mit seinen Händen auseinander drückte, erkennen, dass es nicht Katharina war.
Sie war erleichtert, dass dem Mädchen dieses Schicksal erspart blieb. Zumindest fürs Erste. Die junge Engländerin kannte das Gefühl, von einem Mann missbraucht zu werden. Seit ihrer Kindheit hatten schon zahlreiche Jungen und Männer ihren Körper so genommen, wie dieser Pirat die Frau auf dem Schiff nahm.
Sie fühlte mit ihr, dachte an den Schmerz und den Ekel, als ihr Vater sie mit 11 an einen seiner Saufbrüder abgab, bei dem er Wettschulden hatte. Nach dem sie die Schulden des Vaters mit ihrem Körper abgearbeitet hatte, war sie fort gelaufen. Sie war nach London gegangen. In der Themsemetropole hatte sie gelernt zu überleben. Sie hatte gestohlen, gebettelt und ihren jungen Körper die reichen Londoner verkauft. Sie hatte nach dem Gesetz der Straße gelebt und überlebt.
9 Jahre lang war es ihr dabei gelungen, dem Gesetz der Reichen zu entkommen. Vor zwei Monaten dann hatte man sie wegen Diebstahls aufgegriffen, und als Sklavin in die Verbannung geschickt. Und jetzt war sie hier. Frei und doch gefangen auf einem Schiff, welches von Piraten gekapert war.
Jane wendete ihren Blick ab und machte sich auf die Suche nach einem Versteck. Die Goldgreed war groß, und wenn niemand nach ihr sucht, würde sie sich bestimmt verstecken können. Sie hatte die Straßen von London überlebt, sie würde auch das hier überleben. Ihr ausgepeitschter Rücken schmerzte bei jeder Bewegung, und die junge Frau verzog das Gesicht. In diesem Moment peitschte ein weiterer weiblicher Schrei von dem Piratenschiff herüber und fuhr ihr ins Mark.
Annes Vergewaltigung dauerte den ganzen Nachmittag. Jeder der Piraten durfte sie für 10 Minuten nehmen. Ob sie ihr Glied dabei zwischen ihre Schamlippen, in ihren After oder gar in ihren Mund steckten, interessierte Long dabei nicht. Jeder hatte seine Zeit, auch wenn einige Piraten darauf verzichteten.
Einige verzichteten darauf, weil der geschundene weibliche Körper inzwischen über und über mit männlichen Körperflüssigkeiten anderer benetzt war. Andere hatten schlicht kein Interesse an Frauen. Einigen tat die einst stolze Schönheit leid. Der Steuermann hatte einfach kein Interesse an ihr, auch wenn er Frauen an sich mochte. Die hübsche Cathe zum Beispiel. Bei ihr wäre er sofort schwach geworden. Doch sie stand unerreichbar an dem Mast des anderen Schiffes, an dem man sie gebunden hatte.
Wann immer die Frau in Ohnmacht fiel, nahmen die Männer einen Eimer voll Salzwasser und schütteten ihn über sie. Der Schwarze hatte aufgehört zu zählen, wie oft sich der Vorgang wiederholte, doch merkte er, dass ihre Kräfte wohl immer mehr schwanden.
Nach mehr als zehn Stunden, es war schon dunkel, durfte der neue Pirat Murdoc als einer der Letzten seinen Riemen in dem Leib der jungen Frau versenken. Long mochte diesen Überläufer nicht besonders. Er merkte seine Grausamkeit, mit der er sie nahm. Ihr winseln war kaum mehr zu vernehmen. Er schlug sie immer wieder mit der flachen Hand ins Gesicht, damit sie ihn im Laternenlicht ansah, während er in sie stieß und schließlich mit lautem Stöhnen kam.
Der Steuermann fragte sich, ob die Mätresse diesem Mann etwas angetan hatte, oder ob er es einfach nur, genoss Frauen zu quälen und zu erniedrigen. Murdoc erinnerte ihn an Sliver, und wenn er richtig aufgepasst hatte, verstanden sich die beiden Männer erstaunlich gut.
Auch Kapitän Richard Rogue verzichtete darauf. Er interessierte sich mehr für die Papiere der Goldgreed. Er studierte sie in seiner Kabine, während an Deck über ihm die junge Frau schluchzte und weinte, während keuchende Männer es mit ihr trieben.
Die Beute war bis jetzt noch lausig. Zum Glück waren die Männer durch das überraschende Geschenk abgelenkt. Auf diesem verdammten Sklavenschiff gab es gerade mal genug Piaster, um jedem Mann eine Handvoll Münzen zu geben.
Der Kapitän spielte mit einer Acht-Reales-Münze, die er als Glücksbringer trug. Für den Wert dieser Münze konnte man ein paar Ziegen kaufen. Aber um 80 geldgierige Männer zufriedenzustellen, bedarf es mehr.
Immer wieder überlegte er, wohin die Reise gehen sollte. Auf Tortuga konnte er gewiss die Sklaven verkaufen. Mehr als hundert Frauen waren in der unter Frauenmangel leidenden Karibik viel wert. Auf der anderen Seite bot Virginia einen besseren Absatzmarkt an.
Richard stand auf und fluchte leise. Der Handel mit Menschen lag ihm nicht. Er war Pirat um Gold zu rauben, nicht sich mit Handel und Sklaven herumzuschlagen. Warum mussten diese verfluchten Händler ausgerechnet Sklaven an Bord nehmen. Noch dazu Weiße. Verurteilte und Verbannte. Wenn es nach dem Kapitän ging, hätte er sie einfach irgendwo an Land gebracht und freigelassen. Aber seine Mannschaft gierte nach Gold, und wenn er weiter Kapitän der Preybirt bleiben wollte, brauchte er eine Mannschaft, die zu ihm hielt.
Plötzlich kam Tim herein gestürmt und rief: „Kapitän, Sie müssen sofort an Deck!“
„Was gibt es denn?“
„Ein Sturm zieht auf!“
Weiter zu Kapitel 3
Ich habe den ersten Teil zwar noch nicht gelesen, aber das werde ich wohl auf jedenfall nachholen müssen. Die Geschichte gefällt mir ziemlich gut, besonders Kapitän Rogue. Auch wenn mich das Ganze ein klein wenig an 'Fluch der Karibik' erinnert (wobei: welche Piratengeschichte tut das inzwischen nicht?) bin ich schon ziemlich auf den weiteren Verlauf der Geschichte gespannt.
AntwortenLöschenWeiter mit der guten Arbeit ;D
LG Dathrohan
Gefällt mir sehr gut...den nächsten Teil bitte ;D
AntwortenLöschenAm besten gefällt mir die Szene mit dem Mast, die leiert mein Kopfkino an! Die Vergewaltigungsszene gefällt mir allerdings um so weniger.
AntwortenLöschenmfg
maja
Danke für eure Kommentare. Find ich schön und motiviert weiter zu schreiben.
AntwortenLöschen@Dathrohan, ich muss gestehen, die Ähnlichkeit zu Fluch der Karibik ist für mich recht schwer zu sehen, außer das es sich um eine Piratengeschichte handelt. Und davon gibt es ja doch etwas mehr ;) Aber wenn du mir einen Punkt nennen kannst, bin ich schlauer. Was den Verlauf angeht, lass dich überraschen.
@Anna Maja, vielen dank. Es war auch mein Ziel diese beiden Szenen sollten jeweils die Wirkung haben. Ich wollte es als abstossend und keines falls Positiv darstellen, wenn sich 60 Piraten über eine Frau her machen.
Während für unsere Jane das Leben ja noch viel bereit halten wird. Dinge von denen sie im Moment noch nicht einmal zu träumen wagt.
Es ist jetzt nichts herausstechendes, wie gesagt "es erinnert mich ein KLEIN wenig" an 'Fluch der Karibik'.
AntwortenLöschenUnzwar wegen Mister Long, im ersten Teil von 'Fluch der Karibik' gab es da auch diesen afrikanischen Matrosen auf der Black Pearl, welcher ebenfalls besondere Merkmale am Kopf aufwies. Aber auf viel mehr wollte ich damit auch wikrlich nicht anspielen. ;D
LG Dathrohan
Beim letzten Post von Krystan möchte ich gleich mal auf den Titel hinweisen... "Piratenprinzessin" also ich glaube da bleibt noch ein klein wenig raum bis die geschichte langweilig wird^^.
AntwortenLöschenalso
next part please
Ok die Story entwickelt sich gut . Hoffe es geht so weiter .
AntwortenLöschenMal ganz ehrlich hatte die Londoner Hure das nicht bischen verdient ??
meine Bewertung eine gute 7 !
Gruss HHH