Donnerstag, 7. Juni 2012

Die Skaterin Teil 4 d


Die Geschichte der Skaterin geht natürlich weiter. Damit ihr nicht solange warten müsste, hier der nächste Teil.
PS: Eure Kommentare  motivieren ;)

Teil 4 a
Teil 4 b
Teil 4 c


Die Skaterin Teil 4 d



Blaulicht erhellte den Nachthimmel und fing sich in den hohen Bäumen, die die Villa umgaben. Krankenwagen und Polizeiautos standen in einer chaotischen Anordnung auf dem Parkplatz. In dem Chaos von Scheinwerfern und der Einsatzkräfte fiel Kommissar Wilhelms nicht weiter auf, als er in einem Bus die Aussage einer Nutte aufnahm. Sie war fast noch ein Kind und zitterte am ganzen Körper. Er vermutete, dass ihr Stoff langsam nachließ, denn die Einstiche an ihren Armbeugen sprach eine eindeutige Sprache.

Sandy war in eine Decke gehüllt, die ihr jedoch nur unzureichend Wärme schenkte. Unter der Decke trug sie nur ein paar Stofffetzen, die man wohl als Arbeitskleidung verstehen konnte. Wilhelms nahm an, dass sie noch nicht lange bei Ace gearbeitet hatte, denn ihr Körper war von dem Drogenmissbrauch kaum entstellt. Sie war noch ein halbes Kind, auch wenn ihr Ausweis sie als fast neunzehn auswies.

Dieses kranke Schwein ließ kannte wirklich keine Skrupel. Der Kommissar hörte sich das zusammenhanglose Gebrabbel des drogensüchtigen Mädchens an, ohne sich wie gewöhnlich Notizen zu machen, sodass nur das Tonband ihre Aussage festhielt. In Gedanken war er noch im Keller jenes düsteren Ortes, denn das Gesehene erschütterte selbst diesen erfahrenen Beamten. Kurz nach dem Eingang des Notrufs war er mit dem SEK losgefahren. Was sie vorgefunden hatten, war kein Tatort sondern ein Schlachtfeld.

Der alte Nazibunker war mit Blut getränkt. Zwei Tote, zwei Schwerverletzte und eine davon noch dazu ein vierzehn Jahre altes Mädchen. Die beiden Toten sahen so aus, als hätte man sie mit großer Lust getötet. Von dem Täter jedoch fehlte jede Spur, auch wenn sie im Büro des Zuhälters einen Computer fanden, der Hinweise auf ein weiteres totes Mädchen gab. Vermutlich hatte es derselbe Mann geschrieben, kurz, nachdem er aus dem Büro den Notruf gewählt hatte. Vielleicht konnte die Spurensicherung auf der Computertastatur Hinweise finden, die zu dem Autor jenes ominösen Schreibens führte, worin die Lage eines vermissten Mädchens beschrieben wurde.

Wilhelms wusste jedoch nicht, ob er ihn wirklich finden wollte. Wer auch immer Ace und seinen Handlanger hingerichtet hatte, hatte dabei der Welt einen Gefallen getan. Dieser Abschaum verdiente in den Augen des Polizeibeamten nichts besseres, auch wenn er diese Meinung nie nach außen hin vertreten durfte. Zwangsprostitution von Kindern war in seinen Augen das schlimmste aller Verbrechen. Er wusste nicht, ob er einen Mörder oder einen Helden suchte. Vermutlich beides.

Er brach die Befragung der Nutte ab und verließ den Bus, als die Sanitäter eine Trage aus dem Haus herausbrachten. Es war eines der Mädchen, die sie im Keller blutüberströmt und unter Schock vorgefunden hatten. Die andere war bereits mit dem Hubschrauber in die Klinik geflogen worden, während die Sanitäter und Ärzte die Kleine Vorort versorgt hatten. Das Blut, welches sie bedeckt hatte, war offenbar nicht ihr eigenes und so waren es mehr die seelischen Wunden, die es zu behandeln gab. Er wusste nicht, wann man sie befragen konnte, auch wenn sie eine wichtige Zeugin war. Der Mensch siegte über den Ermittler und so stellte er ihr keine Fragen, sondern eskortierte sie zusammen mit den anderen zu einem Rettungswagen, der danach unter Polizeischutz losfuhr.

**

Abgeschottet von der Polizei lag Kim mehrere Tage alleine in einem Zimmer im Krankenhaus. Die Ärzte hatten ihre Wunden versorgt und so wie es aussah, würde sie auch das Kind behalten. Nur am Rande bekam sie den Tumult mit, der sich der ganzen Affäre entwickelt hatte.

Olivias Rettung war das große Thema in den Medien und auch das Massaker in der alten Nazivilla wurde thematisiert. Die Presse fand heraus, dass dieses Anwesen, welches einst einem NSDAP Bonzen gehört hatte und von der Gestapo genutzt worden war, in den späten 40er und 50er Jahren auch der CIA als Sitz diente. Rasch wurden Namen wie das Höllenloch bekannt. Immer neue Details wurden gefunden und erfunden, bis es irgendwann einmal niemanden mehr interessierte.

Von Silvia Prinker wurde nur am Rande berichtet. Auch sie war ein Opfer jenes Hauses, doch niemand schien sich wirklich für das Straßenmädchen zu interessieren, die Tage später in einem Wald verscharrt aufgefunden wurde. Kim jedoch fühlte den Schmerz tief in ihrer Brust. Der pulsierende Schmerz in ihrem Bein war plötzlich allgegenwärtig, während sie hilflos mit einem Gefühl des Versagens konfrontiert wurde. Sie dachte an Shivas Großmutter und all die Mühen, die sie auf sich genommen hatte, um das Mädchen zu retten, das zu dem Zeitpunkt bereits ermordet worden war. Warum hatte sie das Mädchen nicht viel früher unter ihre Fittiche genommen? Es hatte etwas von Schuld an sich, auch wenn sie selbst Shiva niemals etwas angetan hatte.

Ansonsten ging es Kim im Krankenhaus nicht schlecht. Mehrfach hatte sie Besuch von Prominenten, die sie nicht kannte. Blumen schmückten ihr Zimmer und sogar der Innenminister und sein Staatssekretär kamen zu Besuch. Sie wurde gelöchert und sollte Fragen nach ihrer Verschleppung und ihren Kidnappern beantworten. Die Polizei interessierte sich besonders für den ominösen Täter, der Ace und Igor erschossen hatte. Offenbar hatte dieser Kerl, von dem es keine anderen Indizien gab ein ganzes Magazin in die Körper seiner kriminellen Opfer gefeuert, bevor er ihnen den Gnadenschuss gab.

Da Olivia offenbar das Bewusstsein verloren hatte, als Ace sein Blut über ihren Körper verspritzt hatte, war Kim die einzige verbliebene Zeugin. Kommissar Wilhelms befragte sie oft, wobei er recht freundlich war. Kim war für viele schließlich eine Heldin. Es war ein gutes Gefühl, auch wenn Polizei und Reporter nun begannen, in ihrer Vergangenheit zu stöbern. Man wollte wissen, wer sie war. Man wollte wissen, wieso sie nach Shiva gesucht hatte und wie sie in die Hände des Zuhälters gefallen war. Die Skaterszene in der Stadt wurde befragt und Freunde interviewt. Da sie sich weigerte einen Nachnamen zu nennen, blieb die Frage nach ihrer Herkunft jedoch offen. Genau wie die Frage nach dem Täter oder nach ihrer Beziehung zu Shiva.

Während sie sich anfangs noch mit tatsächlicher und vorgetäuschter Erschöpfung aus der Affäre ziehen konnte, wurden die Fragen bald immer eindringlicher. Beamte von anderen Dienststellen waren weit weniger sensibel als Wilhelms, der wohl mehr Interesse an den Hintermännern und Kunden von Holger Krauwall, wie Ace mit bürgerlichem Namen hieß, hatte, als an seinem Mörder. Ganz im Gegenteil zum Innenministerium, welches die Ermittlungen vor allem in diese Richtungen forciert sehen wollte. Gerüchte kamen auf, dass Ace in Wirklichkeit nur ein Bauernopfer war und auch Kims Rolle wurde mehr und mehr infrage gestellt.

So war sie froh, als Olivia zusammen mit ihren Eltern zu Besuch kam. Für die beiden Schicksalsgefährtinnen war es ein Moment des Glücks. Keine Fragen, nur das Gefühl überlebt zu haben. Für Olivias Eltern war Kim eine Heldin und dank ihnen war dies auch das Bild in der Presse, während die Polizei in ihr eine Verdächtige sah. Sie erfuhr nun auch mehr über Olivia. Man hatte das Mädchen nach der Schule entführt und über eine gefälschte Facebook Nachricht die Polizei und ihre Eltern glauben gemacht, dass sie von Zuhause fortgelaufen sei.

Olivia verbrachte fast einen ganzen Tag bei Kim im Krankenhaus. Sie hatte sich ausreichend von ihrer Schusswunde erholt, um mit ihrer neuen Freundin durch das Krankenhaus gehen zu können. Gemeinsam tranken sie eine Cola und schwatzten über belangloses Zeug. Über das Geschehende unterhielten sie sich jedoch nicht. Es war wie ein stiller Pakt des Schweigens, der unausgesprochen zwischen ihnen lag. Ein Pakt, der kein Siegel und keinen Schwur brauchte. Sie wussten einfach, dass sie darüber nicht weiter sprechen mussten. Sie wussten, dass das Geschehene für immer ihre Leben verändern würde.

Als die Krankenschwester ein paar Tage später in Kims Zimmer kam, war diese verschwunden. Sofort wurde eine Suche nach dem blonden Mädchen eingeleitet. Eine Spur führte nach Polen und in die Ukraine. Kim hatte dort angeblich Verwandte. Noch einmal kochten die Medien Kims Verschwinden auf. Noch einmal zeigten sich alle besorgt und verstört. Dann nahm das Interesse jedoch rasch ab und die Skaterin wurde vergessen.

***

Wilhelms schloss die dicke Akte mit einem Seufzen. Es fühlte sich nicht richtig an, aber mit seiner Beförderung und Versetzung würde er sich nicht mehr weiter um den Fall kümmern können. Beförderungen hatten etwas Seltsames an sich. Man hofft auf sie, doch wenn sie kommen, scheinen sie einem auch nicht willkommen.

Er legte die Akte weg. Es war nicht mehr sein Fall. Gestern hatte er persönlich eine Belobigung durch den Innenminister erhalten, auch wenn er eigentlich nicht viel aufklären konnte. Von dem unbekannten Täter, von Kim aber auch von Aces weiterem Handlanger Victor fehlte jede Spur. Es war fast so, als hätte der Himmel sie verschluckt. Keiner der durch die Spuren ermittelten Gäste der Schreckensvilla war zur Verantwortung gezogen worden, da man ihnen den einzelnen Missbrauch nicht nachweisen konnte. Viele der Spuren waren immer noch unbekannt, da Vergleichsproben fehlten.

Der Fall rund um das Skatermädchen blieb mysteriös. Immer wieder überlegte der Kommissar, noch einmal in die Akten zu blicken, während er seinen Schreibtisch aufräumte. Sein neuer Job würde ihn weit weg von der Ermittlertätigkeit in ein Büro der Hauptstadt führen. Ein wichtiger Karriereschritt, der mit einer wesentlich besseren Bezahlung und geregelten Arbeitszeiten verbunden war. Ihn wurmte es ein wenig, dass er den Fall nicht abschließen konnte, aber er wäre ein Idiot, wenn er wegen eines Falls auf die Chance seines Lebens verzichten würde.

Er löschte das Licht und schaltete den Monitor aus. Mit etwas Wehmut hob der den Karton mit seinen persönlichen Sachen auf und verließ sein Büro. Die meisten seiner Kollegen waren schon gegangen und hatten sich bereits zuvor von ihm verabschiedet. Er ging die Treppe hinunter und durch die Vordertür hinaus. Es war schon dunkel und regnete leicht. Noch einmal warf Kommissar Wilhelms einen Blick zurück. Sein Instinkt sagte ihm, dass etwas falsch war. Der Fall der Skaterin war noch nicht zu Ende.


Fortsetzung folgt in Teil 4 e

10 Kommentare:

  1. Oh nein - der Fall ist noch nicht beendet!

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    1. Schwer jetzt einen Kommentar abzugeben ... die Geschichte ist bisher sehr gut ... nur das Ende dieses Teiels ... es hätte auch gepasst da ein gesamtes ENDE für die Geschichte zu machen ... Ich wäre enttäuscht, aber nach diesem Kapittel empfinde ich eine gewisse leere ... Bitte schreib schnell weiter !!!!!

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  2. Keine sorge, es ist noch nicht vorbei ;)

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  3. Kann ja sein, dass ich einfach nur zu doof bin, aber egal wie ich es auch drehe und wende, passt die Geschichte nicht zusammen.
    Viktor wird von Alex gefoltert damit dieser "seine" Kim wiederfindet. Okay. Zur gleichen Zeit bläst Kim ihm einen und beisst in seinen Schwanz - wahrscheinlich, weil er beim Waterboarding die ganze Zeit hin und herschaukelt .....
    Aber wie gesagt ... ich bin wohl nur zu doof zu erkennen, dass du natürlich 2 Viktors für Ace arbeiten lässt ...

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    1. O Gott, was ist nur in dem Saal Passiert? Wann geht es weiter? Es ist so spannend!

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  4. Um mal den Kommentar von Anonym 19:19 auf zu greifen. Nicht zu doof aber unachtsam...Viktor und Igor mein Guter =)

    Und zu dir Krystian.
    Ich verfolge deine Geschichten schon lange und mit zunehmender Begeisterung. Man sagt für gewöhnlich das ein kreativer Kopf sich immer nur bis zu einem gewissen Punkt steigern kann, ehe sein Potensial einfach erschöpft ist...bei dir jedoch..deine Geschichten werden immer fesselnder..deine Geschichten sind schon lange nicht mehr kurze Lichtblicke für Leute die auf erotisch angehauchte Geschichten stehen. Sondern Storys wo man mitfiebert..und sich mehr als nur einmal wünscht. die ein oder andere Rolle selbst darin zu spielen..in diesem Sinne..
    Danke ich dir im Namen aller Wow-Rpler und Storybegeisterten Fans von dir..das du sie nicht verhungern lässt.

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  5. Vielen dank für deine netten Worte, Asháya.
    Ich schreibe gerade am nächsten und damit letzten Unterteil von "Die Skaterin Teil 4".
    Ich bin schon gespannt, wie das Finale bei euch an kommen wird.

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  6. ÄHH Finale ???? ... ich hoffe doch nur zum Teil 4 a bis ...x

    und ich hoffe, dass du der Skaterin etwas mehr Aufmerksamkeit bei deiner generellen Schreibtätigkeit gibst ... SIE hätte es verdient ... und uns als ungeduldigem Publikum würde dies auch gut tun ;- ) .... All deine anderen Geschichten sind aus Sicht des Skaterinnen – Fanclub unwichtig ; - )))

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  7. Hey Krystan~
    Ich habe deine Geschichten desöfteren aufgesucht und bin ganz hin und weg von deinem Schreibstil.

    Ich bin totaler Fan und hoffe desweiteren auf neue Werke.
    Ganz großes Lob an dich.
    (Hab ich dir nach dem ganzen Anoym-lesen geschuldet.)
    -MH

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  8. noch ein 7er aber es wird Zeit für das Ende .
    Hoffe es ist wieder geil - nach den ganzen
    Nebenschauplätzen .
    HHH

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